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StartseiteHome Orchester Interview Marc Ostertag

Interview mit dem Hornisten Marc Ostertag

Aus dem Programmheft zum 2. Sonntagskonzert 2018/2019 am 25. November 2018

Vesselina Kasarova und Ramón Vargas, Kissinger Sommer 2017 (Credit Florian Lang)
Gastspiel des Münchner Rundfunkorchesters beim Kissinger Sommer 2017: Zwischen den Solisten Vesselina Kasarova und Ramón Vargas ist der Hornist Marc Ostertag zu sehen.

Marc Ostertag, Sie erhielten mit sieben Jahren ersten Hornunterricht und gewannen in der Folge dreimal den Ersten Preis beim Bundeswettbewerb Jugend musiziert. War es Ihnen von Anfang an ernst mit dem Instrument?

Ja, Musik spielt in meiner Familie eine große Rolle: Mein Großvater mütterlicherseits, Otto Schmitz, war Solohornist an der Bayerischen Staatsoper und Professor an der Münchner Musikhochschule; mein Onkel, Rainer Schmitz, hat bei ihm studiert und ist heute Hornist an der Staatsoper. Ich habe das Hornspiel bei meinem Opa relativ früh auf professionellem Niveau erlernt, durfte bald selbst in Konzerten spielen und zum Beispiel auch bei der Kirchenmusik in St. Michael mitwirken, dies seit mittlerweile fast 35 Jahren. Meine Mutter ist ausgebildete Pianistin und hat mich anfangs immer begleitet. Mein Vater, ein Jurist, hat Geige gespielt. Musik war also zuhause von Anfang an präsent.

Sie waren schon als Jugendlicher musikalisch in anderen Ländern unterwegs. Wie haben Sie das empfunden?

Mit zehn oder elf Jahren wurde ich über Jugend musiziert und den Deutschen Musikrat zu einem Konzert der Europäischen Rundfunkunion EBU in Helsinki eingeladen, um den deutschen Nachwuchs zu repräsentieren. Später war ich im Rahmen der Jeunesses musicales in Ljubljana und Maribor dabei. Damals habe ich es einfach genossen, auf diese Weise europaweit Musiker kennenzulernen. Erst nach und nach wird einem bewusst, dass die Musik auch Brücken bauen kann. So sind das Münchner Rundfunkorchester und der BR-Chor übermorgen mit I due Foscari in Budapest und im Februar 2019 mit berühmten Opernchören in Zagreb zu Gast. Unter Musikern ist es üblich, dass die Kolleginnen und Kollegen von überallher kommen – da gibt es keine Grenzen.

Hat Ihre Schulzeit am musischen Pestalozzi-Gymnasium Ihre Berufswahl beeinflusst?

Es war auf jeden Fall eine sehr schöne Zeit, weil das Schulorchester mit vielen „Hochkarätern“ besetzt war – darunter der Klarinettist und Komponist Jörg Widmann, die Adorján-Brüder [Söhne des Flötisten András Adorján] und die Klinger-Brüder einschließlich Sebastian Klinger, der später eine Zeitlang Solocellist im Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks war. Mit sechzehn Jahren wurde ich Jungstudent an der Münchner Musikhochschule, und nach dem Abitur war ich ein halbes Jahr lang Stellvertretender Solohornist im Tiroler Symphonieorchester Innsbruck. Das erste Semester meines Studiums habe ich dadurch gleich versäumt.

Ab 1996 waren Sie Stellvertretender Solohornist am Teatro La Fenice in Venedig …

Ja, ich hatte dort für einige Monate eine Aushilfsstelle – genau in der Zeit, als das Theater abbrannte. Die Renovierungsarbeiten standen kurz vor dem Abschluss; der reguläre Betrieb war ausgelagert, aber ich konnte bereits im Theater üben. Es sah wunderschön aus, nur die Elektrik war noch nicht fertiggestellt. Eines Abends rief mich ein Kollege an und sagte: „Schau aus dem Fenster, das Theater brennt!“ Ich dachte zuerst, er macht einen Scherz, aber dann sah ich das Feuer. Die Kanäle rundherum waren zur Sanierung trockengelegt, sodass die Feuerwehrboote nicht zum Brand gelangten, und so wurde das Theater komplett zerstört − durch Brandstiftung.

Wie ergab sich 1997 Ihre Anstellung im Münchner Rundfunkorchester?

Ich bekam die Stelle schon vor Ende des Studiums und habe dann 1999 noch meinen Abschluss gemacht. Die Entscheidung für das Münchner Rundfunkorchester fiel sehr spontan. Franz Draxinger, damals Hornist im Rundfunkorchester, fragte mich zwei Tage vor dem Probespiel, ob ich es nicht versuchen wolle. Ich war gerade mitten in der Vorbereitung für einen Wettbewerb, fühlte mich fit – und es hat geklappt! Zuvor hatte ich hier schon ausgeholfen, sodass ich ungefähr einschätzen konnte, was auf mich zukommt. Mit der Zeit habe ich die Vielfalt des Orchesters dann immer mehr schätzen gelernt. Unseren Chefdirigenten gemeinsam ist ihr Wertebewusstsein – das prägt ein Orchester. Große Freude macht mir auch die musikalische Kinder- und Jugendarbeit: Konzerte, Besuche in den Schulen oder die Kinder- und Familientage, bei denen man sein Instrument vorstellt. Außerdem war das Rundfunkorchester mehrfach Partner beim KulturTagJahr der Nantesbuch-Stiftung: Ich habe hier Gruppen betreut und Stücke mit den Schülerinnen und Schülern erarbeitet.

Sie sprachen von der Vielfalt des Rundfunkorchesters. Wie zeigt sich diese?

Man lernt immer wieder interessante Künstler kennen, die auf einem hohen Niveau auch Sparten jenseits von Symphonik und Oper bedienen: zum Beispiel Mulo Francel und sein Ensemble Quadro Nuevo [nächstes gemeinsames Konzert unter dem Titel „Volkslied Reloaded“ am 8. Mai 2019]. Solche Projekte sind jedes Mal eine Bereicherung. Das gilt auch für den Pianisten und Komponisten Fazıl Say, mit dem wir kürzlich beim Festival der Nationen in Bad Wörishofen und vor etlichen Jahren in Meran aufgetreten sind. Schon damals hat mich beeindruckt, wie er mit Musik umgeht und improvisiert. Mit der Keith Emerson Band unter der Leitung von Terje Mikkelsen haben wir vor nicht allzu langer Zeit eine CD aufgenommen. Von den Fähigkeiten dieser Musiker war ich sehr begeistert. Der Übeaufwand eines Rockgitarristen entspricht hier sicher dem eines klassischen Geigers.

An welches Konzert aus dem klassischen Bereich erinnern Sie sich besonders?

Generell gibt es kaum ein Konzert, das mir nicht Spaß gemacht hätte. Aber, um ein Bespiel aus dem Bereich des Belcanto zu nehmen: Ich erinnere mich an ein Konzert zu Beginn meiner Tätigkeit im Rundfunkorchester mit Edita Gruberová im Herkulessaal. Da hat man gemerkt, wie der Funke überspringt und ein Gemeinschaftserlebnis entsteht. Begeisternd war nicht nur die stimmliche Brillanz von Edita Gruberová, sondern – verbunden mit einer gewissen Abgeklärtheit – auch die Freude, die sie beim Singen ausstrahlt. Es ist immer schön, mit herausragenden Sängerinnen und Sängern zusammenzuarbeiten – im Konzert oder auch bei CD-Produktionen. Die menschliche Stimme kann sehr viel transportieren und einen am direktesten ansprechen. Und es ist befriedigend, wenn nach einer Woche im Studio ein schönes Produkt herauskommt. Eine andere Herausforderung besteht darin, dass das Rundfunkorchester oft wenig bekannte Stücke spielt: Man kann sich nicht darauf verlassen, dass sie einfach funktionieren, und weiß vor der Aufführung nicht, ob eine Oper zu Recht vergessen wurde oder nur schwer ist. Aber das ist die Würze in unserer Arbeit; und dann gelingen solche Wiederentdeckungen wie Rossinis Sigismondo im letzten Sonntagskonzert − ein sehr anspruchsvolles Werk!

Welche Stilrichtung liegt Ihnen am meisten?

Ich spiele Filmmusik genauso gern wie italienische Oper oder sakrale Werke. Da kann ich keine Wertung vornehmen. Ein tolles Erlebnis sind auch die cOHRwürmer − die Mitmachkonzerte des BR-Chores im Circus-Krone-Bau. Die Zusammenarbeit mit der Theaterakademie August Everding ist ebenfalls sehr fruchtbar; ich denke zum Beispiel an das Programm Happy Birthday, Lenny zum 100. Geburtstag von Leonard Bernstein in der vergangenen Saison. Wir saßen nicht im Orchestergraben wie sonst bei diesen Projekten, sondern auf der Bühne des Prinzregententheaters und waren in das Geschehen integriert. Es ist schön, mit jungen Sängerinnen und Sängern zu arbeiten, bei denen schon das Potenzial zu erkennen ist. Sie sind mit viel Engagement bei der Sache und freuen sich, mit einem Profiorchester arbeiten zu können.

Welche kammermusikalischen Aktivitäten pflegen Sie?

Mehrmals im Jahr spiele ich mit meinen Orchesterkollegen Alexandra Muhr (Flöte), Florian Adam (Oboe), Caroline Rajendran (Klarinette) und Till Heine (Fagott) zusammen im Münchner Bläserquintett. Bei der Kammermusik besteht die Möglichkeit, aktiver zu gestalten als im Orchester, was eine gute Ergänzung ist. Im nächsten Kammermusikkonzert unseres Freundeskreises am 11. Dezember führen wir – Tilbert Weigel, Peter Schlier und ich − ein Divertimento von Michael Haydn für Bratsche, Kontrabass und Horn auf. Darauf bin ich sehr gespannt.

Was machen Sie als Ausgleich zur Arbeit im Rundfunkorchester?

Als 20-Jähriger habe ich begonnen, E-Gitarre zu spielen. Hier kann ich als reiner Amateurmusiker agieren, das ist sehr entspannend. Gerne gehe ich auch in die Berge und spiele Fußball. Der Beruf als Fußballer wäre eine Alternative gewesen – aber dafür habe ich wahrscheinlich zu viel geübt und zu wenig trainiert …

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