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StartseiteHome Orchester Interview Julia Kühlmeyer

Interview mit der geigerin julia kühlmeyer

Aus dem Programmheft zum 2. Sonntagskonzert 2020/2021 am 13. Dezember 2020

2. Mittwochskonzert 2020-2021_Credit Astrid Ackermann
Julia Kühlmeyer beim 2. Mittwochskonzert 2020/2021, das per Videostream und live im Hörfunk zu empfangen war

Julia Kühlmeyer, ab dem Alter von sieben Jahren erhielten Sie Violinunterricht bei Maria Moscher aus dem Bayerischen Staatsorchester. Das klingt nach einem sehr zielstrebigen Weg …

Eigentlich habe ich mit dem Instrument angefangen, weil mein Bruder, der ein bisschen älter ist als ich, Geige gespielt hat – also wollte ich das auch; meine Eltern sind keine Musiker. Zuerst war ich bei einer Lehrerin aus der Nachbarschaft. Etwa ein Jahr später bin ich zu Maria Moscher gekommen, weil mir das Violinspiel wahnsinnig viel Spaß gemacht hat und ich wohl auch einen gewissen Ehrgeiz hatte. Ich habe dann zusätzlich mit Klavier begonnen und immer gern geübt, beides etliche Jahre lang ungefähr gleich viel. Abends kamen noch die Hausaufgaben dran. Das war für mich normaler Alltag. Wenn man bei einer guten Lehrerin ist, dort andere Schüler kennenlernt und zu den Wettbewerben von Jugend musiziert geschickt wird, entwickelt sich das automatisch weiter: Nach dem Regionalwettbewerb, der in der Münchner Musikhochschule stattfand, will man es natürlich auch in den Landes- und den Bundeswettbewerb schaffen. Und mit zwölf wurde ich Schülerin von Sonja Korkeala, die heute Professorin an der Musikhochschule ist.

Damals war Sonja Korkeala Assistentin von Ana Chumachenco, aus deren Klasse berühmte Geigerinnen und Geiger wie Julia Fischer, Arabella Steinbacher und Linus Roth hervorgingen. Spürten Sie, dass sich da eine gewisse Tür öffnet?

Ich hatte bei der Mutter von Julia Fischer Klavierunterricht. Daher kannte ich sie sehr gut und habe mitbekommen, wie ihre Karriere verlaufen ist. Sie und ein paar andere Schüler von Ana Chumachenco waren natürlich Ausnahmetalente. Aber wenn man das von frühester Kindheit an macht – und ich war in diesem Umfeld mittendrin –, hat man schon das Ziel, selber noch besser zu werden.

Sie besuchten bald Meisterkurse bei namhaften Geigern wie Felix Andrievsky, Nora Chastain und Nicolas Chumachenco. Warum ist ein solcher Input wichtig?

Vor allem, um sich auch mal eine andere Meinung einzuholen, denn man weiß natürlich über die Jahre hinweg, wie der eigene Lehrer unterrichtet, was er von einem verlangt. Solch ein Meisterkurs ist sehr intensiv. Man macht bis zu zwei Wochen lang nichts anderes als zu üben und zum Unterricht zu gehen, hat daneben vielleicht die ein oder andere Probe mit Klavier oder in Kammermusik-Besetzung. Dabei ist man meistens mit einer begrenzten Auswahl von Stücken beschäftigt, die man erarbeiten will oder in denen man Neues entdecken möchte.

2001 wurden Sie Jungstudentin an der Hochschule. Was bedeutete das?

Als Jungstudentin hat man nur Instrumentalunterricht, keine Theorie. Aber es gibt die Vortragsabende an der Hochschule: ein großer Ansporn, wenn man noch Teenager ist, sich aber bereits unter den Studierenden bewegt. Solche Abende hatten wir ungefähr einmal im Vierteljahr mit der ganzen Klasse von Sonja Korkeala. Es waren öffentliche Konzerte, die einen ganz anderen Anreiz boten, als wenn man Privatunterricht hat und bei Hauskonzerten spielt, zu denen nur Eltern und Freunde kommen.

Noch zu Schulzeiten waren Sie solistisch mit Tschaikowskys Violinkonzert und Beethovens Tripelkonzert in der Allerheiligen-Hofkirche zu erleben. In welchem Rahmen war das?

Das Tschaikowsky-Violinkonzert habe ich zusammen mit dem Orchester des Pestalozzi-Gymnasiums gespielt. Beim Beethoven-Tripelkonzert war die Pianistin Mona Asuka dabei, die übrigens vor Kurzem bei einem Kinderkonzert des Rundfunkorchesters zu Gast war. Den Cellopart übernahm Anne Yumino Weber, Tochter des damaligen Ersten Solokontrabassisten der Münchner Philharmoniker. Sie besuchte dann die Orchesterakademie der Berliner Philharmoniker und ist heute Solocellistin im Sinfonieorchester Wuppertal. Begleitet hat uns damals ein Jugendorchester.

Ab 2005 studierten Sie in Freiburg bei Nicolas Chumachenco, einem Bruder von Ana Chumachenco. Warum da?

Ich hatte von ehemaligen Studenten viel über ihn gehört, habe ihm dann vorgespielt und gefragt, ob ich bei ihm studieren dürfe. Bei einem Musikstudium spielt man den Professorinnen oder Professoren ja meistens schon vor der Aufnahmeprüfung vor, um zu wissen, ob man überhaupt eine Chance auf einen Studienplatz bei ihnen hat. Er hat dies bejaht, und so habe ich dort fünf tolle Jahre bis zum Diplom verbracht. Er war und ist ein fantastischer Geiger und steht in gewisser Weise noch für die alte russische Schule. Er versuchte einem die großen Vorbilder wie David und Igor Oistrach oder Henryk Szeryng zu vermitteln, war selber Schüler von Jascha Heifetz. Diesen Hintergrund strahlte er natürlich aus. Bei ihm habe ich unglaublich viel Repertoire gelernt: die Sonaten von Mozart, Beethoven und Brahms, fast alle wichtigen Violinkonzerte. Aber am Schluss fokussiert es sich in der Regel doch auf die zwei großen Konzerte, die man – wenn man in ein Orchester will – bei den Probespielen vorträgt. Das waren bei mir Mozarts A-Dur-Konzert und das Violinkonzert von Jean Sibelius.

Sie haben mit dem Gustav-Mahler-Jugendorchester in bedeutenden Konzertsälen gespielt. Welche dieser „Adressen“ war für Sie am beeindruckendsten?

Das Concertgebouw in Amsterdam fand ich ganz toll. Außerdem habe ich mit dem Gustav-Mahler-Jugendorchester zum ersten Mal im Goldenen Saal in Wien gespielt. Das ist unvergleichlich: Man kommt rein und ist begeistert. Der Klang dort ist phänomenal.

Wie haben Sie als Akademistin bei den Münchner Philharmonikern den damaligen Chefdirigenten Christian Thielemann erlebt?

Ich habe es geliebt, unter seiner Leitung zu spielen – das waren damals seine letzten zwei Münchner Jahre. Ich hatte davor schon in einigen anderen Orchestern Bruckner gespielt. Aber nie war es so wie bei ihm: Wenn man im Orchester sitzt, ist man so gebannt, dass man förmlich mitfließt und die Augen nicht von ihm abwenden kann. Er ist eben eine starke Persönlichkeit am Dirigentenpult.

Nach dem Diplom absolvierten Sie ein Masterstudium bei Daniel Gaede in Nürnberg. Inwiefern hat Sie das noch einmal vorangebracht?

Er war einige Jahre Konzertmeister der Wiener Philharmoniker. Wenn man von jemandem lernen kann, wie man Orchesterstellen vorbereitet, die man bei den Probespielen neben den Solowerken vortragen muss, dann von ihm. Er kann sehr gute Tipps und Anregungen geben – natürlich auch zu den großen Konzerten, die man sich ausgesucht hat. Aber bei ihm habe ich vor allem berufsvorbereitend viel gelernt.

Seit 2012 sind Sie Mitglied des Münchner Rundfunkorchesters in den Ersten Violinen. Wie hat sich das ergeben?

Ich wollte gern in meiner Heimatstadt München bleiben, habe hier das Probespiel absolviert und hatte das große Glück, die Stelle zu gewinnen. Beim Rundfunkorchester lernt man viel Neues kennen und spielt oft völlig Unbekanntes. Mir gefällt besonders die Kombination von Paradisi gloria und Kinderkonzerten. Ich habe selbst zwei Kinder, die schon bei der Zwergerlmusik und in Familienkonzerten der Reihe Klassik zum Staunen waren. Es ist wichtig, dass man Kindern auch Live-Musik bietet, und ich finde die Konzerte bei uns wirklich gelungen. Sie sind altersgerecht, und die Musik ist schön „verpackt“. Bei Paradisi gloria finde ich vor allem die Werke, die wir zusammen mit dem BR-Chor aufführen, fantastisch. Im November war das zum Beispiel das Stabat mater von Arvo Pärt für eine Live-Übertragung im Radio.

Welches war Ihr bislang schönstes Erlebnis mit dem Rundfunkorchester?

Da gab es einige, aber besonders gern erinnere ich mich an ein Gastspiel an der Opéra Royal in Versailles, bei dem wir Gounods Oper Cinq-Mars zusammen mit der Sopranistin Véronique Gens und dem BR-Chor aufgeführt haben. Das Theater innerhalb der Schlossanlage ist sehr beeindruckend – ein bisschen vergleichbar mit dem Cuvilliés-Theater in der Münchner Residenz.

Wie empfinden Sie das Musizieren in Corona-Zeiten?

Während des Lockdowns im Frühjahr war ich noch in Elternzeit, auch die anschließenden „Geisterkonzerte“ habe ich nicht miterlebt, weil ich erst im Juli ins Orchester zurückkam. Wir haben aber verstärkt CD-Produktionen gemacht, und im Herbst konnten wir dann im Prinzregententheater vor kleinem Publikum spielen. Einerseits war es schön, andererseits aber auch eine bedrückende Atmosphäre. Beim 1. Sonntagskonzert zum Beispiel standen die Gesangssolisten vor Plexiglaswänden, und jedes Orchestermitglied sitzt jetzt immer an einem eigenen Pult. Seit November musizieren wir ohne Live-Publikum: eine schwierige Situation, denn man ist gewohnt, die Resonanz der Zuhörer zu bekommen. Aber ich bin froh, dass wir dank der Übertragungen in Hörfunk und Internet überhaupt spielen können.

Was tun Sie, wenn Sie einmal ausspannen und etwas ganz anderes machen wollen?

Ich lese gerne, und zwar querbeet alles Mögliche – sogar Jugendliteratur, um zu sehen, ob sie für meinen größeren, fast achtjährigen Sohn geeignet ist. Außerdem gehe ich zum Wandern und Bergsteigen, meist im Wetterstein- oder Karwendelgebirge. Und vor einem Jahr habe ich mit dem Mountainbiken angefangen.

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