Von September 2006 bis August 2017, also elf Spielzeiten lang, war Ulf Schirmer Künstlerischer Leiter des Münchner Rundfunkorchesters. Immer wieder hat er sich in dieser Zeit für die deutsche Oper und auch für die Operette eingesetzt. Mit Albert Lortzings komischer Oper Zum Groß-Admiral kehrt er am 17. November im 2. Sonntagskonzert dieser Saison als Gast ans Dirigentenpult des Orchesters zurück. Damit knüpft er an eine andere interessante Wiederentdeckung an: 2011 stellte er – ebenfalls aus der Feder von Albert Lortzing – die ungewöhnliche Revolutionsoper Regina vor, die auch als Aufnahme erhältlich ist.
Rechtzeitig vor Ulf Schirmers Münchner Gastspiel erschien außerdem eine andere hörenswerte CD: Leo Falls schmissige Operette Die Dollarprinzessin.
Von der enormen stilistischen Bandbreite und der Tradition des Münchner Rundfunkorchesters ließ sich Ulf Schirmer bei seinen Programmen stets inspirieren und leiten. Und er schätzte die Wandlungsfähigkeit und schnelle Auffassungsgabe „seines“ Orchesters. Dabei war es Ulf Schirmer – wie BR-Intendant Ulrich Wilhelm beim Abschied 2017 betonte – „ein wichtiges Anliegen, das Orchester als Teil einer großen Rundfunkanstalt zu sehen und sowohl dem Unterhaltungs- als auch dem Bildungsauftrag zu entsprechen“. Äußerst vielfältig waren Ulf Schirmers Projekte am Pult des Orchesters: So sorgte er z.B. in Zusammenarbeit mit der Stiftung Palazzetto Bru Zane, die sich der Pflege der Musik der französischen Romantik verschrieben hat, für spektakuläre Opernwiederentdeckungen. Gounods Cinq-Mars, Benjamin Godards Dante und Saint-Saënsʼ Proserpine wurden in München und an der Opéra Royal in Versailles mit viel Beifall aufgenommen. Aber auch dem oft unterschätzten Genre der Operette widmete sich Ulf Schirmer: etwa mit einem Lehár-Zyklus, Werken von Leo Fall oder der Polnischen Hochzeit von Joseph Beer. 2017 wurde Ulf Schirmer mit dem Operetten-Orpheus der Zeitschrift orpheus ausgezeichnet.
Überhaupt bewies Ulf Schirmer in seiner Amtszeit als Künstlerischer Leiter des Münchner Rundfunkorchesters einen Sinn für das Populäre in seiner besten Ausprägung. Einmal pro Saison ging er unter dem Motto „Sounds of Cinema“ in der Welt der Filmmusik auf Entdeckungsreise: ein Konzept, das live, via Radio, TV und Internet ein breites Publikum erreichte. Aber auch pädagogische Arbeit im Zuge der Nachwuchsförderung war Ulf Schirmer wichtig: 2006 begründete er mit Klaus Zehelein, dem damaligen Präsidenten der Theaterakademie August Everding, die Kooperation dieses Instituts mit dem Münchner Rundfunkorchester. Dass man junge Sängerinnen und Sänger auch für Zeitgenössisches gewinnen kann, bewies zuletzt die Produktion der Oper Flight von Jonathan Dove: das zehnte große Musiktheater-Projekt von Theaterakademie und Münchner Rundfunkorchester!
Sehr am Herzen lag Ulf Schirmer die Reihe Paradisi gloria mit geistlicher Musik des 20. und 21. Jahrhunderts. Zu Saisonthemen wie „Jesus Christus“, „Herrlichkeit“ oder aktuell „Ecclesia semper reformanda“ komponierte er regelrecht die Konzertprogramme. Neben Auftragswerken wie zuletzt Manifest von Oriol Cruixent erklangen dabei Stücke der verschiedensten Stilrichtungen, die den Hörer mit ihrem spirituellen Gehalt unmittelbar ansprechen.
Und schließlich belegen auch die zahlreichen Einspielungen, die unter Ulf Schirmers Leitung mit dem Münchner Rundfunkorchester entstanden, wie fruchtbar seine Amtszeit gewesen ist: Die Liste umfasst über 40 CD-Aufnahmen, darunter rund 30 Musiktheater-Gesamtaufnahmen von Lehárs Giuditta bis zu Straussʼ Feuersnot sowie zahlreiche Sängerporträts. Der CD-Mitschnitt von Karl Amadeus Hartmanns Des Simplicius Simplicissimus Jugend wurde mit dem ECHO Klassik ausgezeichnet. Auch in diesem Bereich hat Ulf Schirmer also programmatisch oft ungewöhnliche Hörerlebnisse geboten und Horizonte erweitert.