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StartseiteHome Orchester Interview Christian Brühl

interview mit dem kontrabassisten christian brühl

Aus dem Programmheft zum 4. Sonntagskonzert 2018/2019 am 19. Mai 2019

 

Patenschaft macht Schule_Christian Brühl an der GS Elsendorf 2019 (Credit Andrea Gaffal-Frank)_1
Christian Brühl zeigt an der Grundschule Elsendorf seinen Kontrabass.

Christian Brühl, was kommt Ihnen spontan in den Sinn, wenn Sie folgenden Satz ergänzen sollten: „Der Kontrabass ist das tollste Instrument überhaupt, weil …“

Der Kontrabass ist das tollste Instrument überhaupt, weil er einen schönen tiefen und sonoren Klang besitzt. Außerdem ist man als Kontrabassist ganz oft für das Metrum im Ensemble zuständig. Man bestimmt oder hält das Tempo, das der Dirigent vorgibt. Und man kann vielfältigste Musikrichtungen bedienen: von der Alten Musik bis zur modernen Musik und zum Jazz. Da sind dem Kontrabass fast keine Grenzen gesetzt. Er gibt einem ein gutes Spielgefühl. Ich könnte mir nicht vorstellen, ein anderes Instrument zu spielen.

Wurde in Ihrer Familie viel Musik gemacht?

Überhaupt nicht. Richtig „Klick“ gemacht hat es erst in der 6. oder 7. Klasse am Gymnasium in Wiesbaden. Dort gab es einen Schulchor und ein großes Schulorchester, das mich sehr fasziniert hat. Ich habe mich gefragt, wie ich da hineinkommen könnte. Es hieß: Was wir am nötigsten brauchen, ist ein Kontrabassist. Ich konnte mir das sehr gut vorstellen, habe aber in totaler Unwissenheit begonnen. Ich dachte, ich bekomme ein Instrument, stelle mich ins Orchester und versuche, irgendwie mitzuspielen. Dass man Instrumentalunterricht nehmen muss, wurde mir erst danach klar.

Gab es ein Schlüsselerlebnis, das Sie zu der Entscheidung brachte, Berufsmusiker zu werden?

Nein, denn ich war immer zweigleisig unterwegs. Auf der einen Seite hat mir alles gefallen, was mit Hören und Musik zu tun hat. Auf der anderen Seite war ich auch visuell „unterwegs“. Nach der Schule habe ich zunächst mit einem Theaterfotografen zusammengearbeitet, weil ich nicht wusste, in welchen Bereich ich gehen will: ob ich tatsächlich Musiker werden oder in die gestalterische Richtung gehen will. Wenn man ein Foto macht, hat man ein Bild, das man anschauen kann. In der Musik dagegen erzielt man Ergebnisse, die vergänglich sind. Aber sie haben eine solche Intensität, dass sie mit der Fotografie nicht zu vergleichen sind.

Haben Sie auch Parallelen festgestellt?

Wir haben damals am Staatstheater Wiesbaden die Probenfotos für die Programmhefte gemacht. Gerade beim Ballett brauchte es gefühlt tausend Fotos, bis man das richtige hatte. Man musste noch Filme in die Kamera einlegen und Stunden in der Dunkelkammer verbringen. Heute, mit der digitalen Technik, ist das kein Problem mehr. Auch das Kontrabassspiel hat sich vor nicht allzu langer Zeit sehr verändert; einige Entwicklungen sind erst in den letzten fünfzig, sechzig Jahren passiert: zum Beispiel, dass man verstärkt solistisch aktiv ist. Das, was mein Lehrer für seinen Stellenantritt vorgetragen hat, spielt man heute zur Aufnahmeprüfung an der Musikhochschule. Neben der Standardgröße des Dreiviertelbasses sind auch kleinere Instrumente üblich geworden. So können Kinder viel früher anfangen, Bass zu lernen. Man muss nicht auf das Cello ausweichen, mit anderer Stimmung und anderer Bogenhaltung.

Während Ihres Studiums an der Hochschule für Musik und Tanz Köln haben Sie viel Berufserfahrung gesammelt. Wie konnten Sie das koordinieren?

Ich hatte relativ früh im Studium einen Zeitvertrag beim Gürzenich-Orchester. Das war für mich unglaublich bereichernd, weil es ein sehr traditionelles und musikantisches Orchester ist. Es tritt in der Kölner Philharmonie auf und bespielt zudem die Kölner Oper. Dazu kam die Aushilfe im WDR-Symphonieorchester, um die Arbeit an einer Rundfunkanstalt kennenzulernen. Die Hochschule hat dann von mir verlangt, mich zwischen Studium und praktischer Tätigkeit zu entscheiden, was ich bedauerlich fand; aber die Berufserfahrung war mir wichtiger. Und bei den Einladungen zum Probespiel geht es nicht darum, ob man einen Abschluss hat oder nicht. Man schaut, wo die Leute gespielt haben.

Wie ging der Weg weiter?

Ich habe lange freiberuflich gearbeitet – unter anderem beim Ensemble Modern in Frankfurt, wo wir zum Beispiel Projekte mit Pierre Boulez gemacht haben. Auch im Kölner Kammerorchester mit seinem Chefdirigenten Helmut Müller-Brühl habe ich Erfahrungen gesammelt; das war nochmal eine ganz andere Richtung. Über viele Jahre hat mich die Frage sehr beschäftigt, wohin es gehen könnte. Schon vor meiner Festanstellung hier ab der Saison 2017/2018 hatte ich immer mal wieder im Münchner Rundfunkorchester gespielt und festgestellt: Das ist ein tolles Ensemble mit einem interessanten Programm; man kann auf hohem Niveau arbeiten, und die Kollegen sind sehr nett. Als mein Kollege Martin Schöne in Elternzeit war, bekam ich zunächst einen Zeitvertrag. Das war eine gute Möglichkeit für meine Familie, auszuprobieren, ob wir hier leben könnten. Zum Glück hat es dann mit dem Probespiel geklappt. Meine Frau hat ihre Stelle als Bratschistin in Wiesbaden temporär auf eine halbe Stelle reduziert und pendelt. Solange das alle in der Familie mittragen, machen wir es so.

Sie engagieren sich sehr bei den Education-Angeboten des Münchner Rundfunkorchesters, haben zum Beispiel bei Klasse Klassik zusammen mit Martin Schöne die Kontrabassgruppe betreut. Was können Sie den Schülerinnen und Schülern vermitteln, die bei diesem Projekt mit den Profis musizieren?

Natürlich haben die Jugendlichen noch nicht das Know-How und die Routine, die man als Berufsmusiker aus der täglichen Arbeit mitbringt. Daher muss man praktische Hilfestellung geben. Manchmal ist zum Beispiel die eigene Stimme im Piano geschrieben, doch andere spielen laut, was viele dazu animiert, ebenfalls laut zu spielen. Das ist aber im Gesamtbild nicht das, was der Komponist wollte. Wir üben gemeinsam schwierige Stellen, Fingersätze und Bogenstriche werden besprochen. Was funktioniert gut, was kann man verändern? Es ist ein großer Unterschied, ob man allein Kontrabass spielt oder zu mehreren. Wie gelingt da die Intonation? Wie sortiert man sich in der Probe als Bassgruppe? Dazu kann man einiges „aus dem Nähkästchen plaudern“.

Aktuell sind Sie im Rahmen des Projekts „Patenschaft macht Schule“ der Pate für die Regenbogen-Grundschule Elsendorf. Wie läuft das ab?

Es ist ein langes Projekt, das sich über fast ein halbes Jahr erstreckt. Der erste Besuch hat mich in die Schule geführt, den zweiten Besuch haben die Kinder dann im BR gemacht, mit einem Workshop bei mir und einem Probenbesuch. Als nächstes fahre ich wieder nach Elsendorf, um die Stücke zu erarbeiten, die wir im Juli beim Abschlusskonzert in der Schule gemeinsam aufführen. Wir spielen unter anderem eine Komposition von Franz Kanefzky, meinem Kollegen aus der Horngruppe, und die Pizzicato-Polka von Johann und Josef Strauß, die für Kinder aufgrund der vielen Rubati erst einmal schwer zu erfassen ist. Die Steigerung von langsam nach schnell funktioniert gut, aber umgekehrt ist es eine große Herausforderung. Man muss also Methoden entwickeln, die ihnen helfen. Worauf können sie hören, wenn die Musik erklingt? Vieles lernen sie durch Mitmachen am besten. Ein bisschen Theorie gehört natürlich auch dazu. Wichtig ist es, die richtige Mischung zu finden – und den Punkt, an dem man die Kinder abholt.

Welche Genres beim Münchner Rundfunkorchester mögen Sie besonders?

Besonders liegt mir die Oper, weil ich das seit meinem Studium gemacht habe. Und ich finde es fantastisch, mit Sängern wie Anna Netrebko oder Krassimira Stoyanova zusammenzuarbeiten. Aber ich liebe auch Crossover-Projekte wie zum Beispiel die Produktion der CD Volkslied Reloaded mit Quadro Nuevo und die zugehörige Release-Tour vor Kurzem. Diese Produktion war wirklich anspruchsvoll, weil die Arrangements komplex und rhythmisch sehr schwierig waren. Eine ganz andere Herausforderung als bei rein klassischen Programmen!

Sie sind auch für die Kommunikation mit dem Freundeskreis des Münchner Rundfunkorchesters zuständig …

Ja, dieser Austausch erfährt im Moment von Seiten des Orchesters ein paar Neuerungen. Das Orchester möchte sich aktiver mit dem Freundeskreis verbinden, denn er ist eine wichtige Einrichtung. Gerade im Bereich Education bekommen wir große Unterstützung. Außerdem veranstaltet der Freundeskreis die Kammermusikkonzerte, in denen sich die Orchestermitglieder präsentieren können. Zu alldem ist gerade ein Flyer im neuen Erscheinungsbild des Freundeskreises herausgekommen. Es gibt viele Menschen, die Musik lieben, aber keine Musiker sind und ihre Aufgabe darin sehen, sich für das Orchester zu engagieren. Diese möchten wir ansprechen, wobei man als Mitglied des Freundeskreises einige Vorteile genießt, die der „normale“ Konzertbesucher nicht hat: Man ist näher dran am Orchester und seinen Projekten, hat die Möglichkeit, Proben zu besuchen, die nur für den Freundeskreis angeboten werden, sowie Zugriff auf ein Kartenkontingent und vergünstigte CDs oder Zugang zu Signierstunden. Zu Beginn der nächsten Saison gestalten wir einen Abend exklusiv für den Freundeskreis − gemeinsam mit unserem Chefdirigenten Ivan Repušić.

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