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StartseiteHome Orchester Interview Florian Eutermoser

Interview mit dem Geiger Florian Eutermoser

Aus dem Programmheft zum 2. Konzert Paradisi gloria 2016/2017 am 13. Januar 2017

Florian Eutermoser mit seinen Kindern (C) Denis Pernath
Florian Eutermoser mit seinen Kindern − und ausnahmsweise für das Foto einmal nicht mit seiner Geige, sondern am Kontrabass

Florian Eutermoser, Geiger kommen ja oft zu ihrem Instrument, weil in der Familie schon eine Violine auf sie wartet. Wie war es bei Ihnen?

Mein Vater hat die örtliche Blaskapelle geleitet und auch Geige gespielt. Als ich mit sechs Jahren selbst eine kleine Violine bekam, war von der ersten Sekunde an klar, dass es das ist, was ich mein Leben lang machen möchte. Alle aus meiner Familie sangen damals im Kirchenchor und in der Chorgemeinschaft Neubeuern. Ich war bei den Proben und Konzerten immer dabei und gehörte automatisch dazu – das war ganz natürlich. Erst später wurde mir bewusst, dass man auf dem Weg zum Berufsmusiker noch ein paar Hürden überwinden muss.

Wie ließ sich das Musizieren mit der Schule vereinbaren?

Meine Lehrerin in der Grundschule war sehr blockflötenbegeistert. Sie hat aber gemerkt, dass ich mich mit der Flöte schnell langweilen würde; deshalb hat sie mir vorgeschlagen, die Geige mitzubringen. So ging das fast jeden Tag: Ich habe Violine gespielt, alle anderen Blockflöte. Trotzdem: Alles, was für mich in der Kindheit zählte, war Fußballspielen. Meine Mutter hat darauf geachtet, dass ich davor noch Geige übe, und meine Freunde haben solange vor unserem Haus auf mich gewartet.

Sie haben dann an der Hochschule für Musik und Theater München bei zwei renommierten Geigern, Gottfried Schneider und Ernő Sebestyén, studiert. Dazwischen gab es ein einjähriges Intermezzo in den USA. Warum dieser Wechsel?

Mein Onkel hatte mich dazu motiviert, mal in die Welt hinaus zu gehen, um mich weiterzuentwickeln. Gottfried Schneider und Kurt Sassmannshaus, einer der „big player“ der Violinprofessoren in den USA, sind seit Studienzeiten befreundet. Als Sassmannshaus in München einen Meisterkurs gab, hat er mich zum Aspen Music Festival eingeladen. Das ist ein riesiges Sommerfestival mit Hunderten von Teilnehmern und Konzerten – eine ganz tolle Erfahrung! Am Ende gewann ich ein Stipendium für das College-Conservatory of Music in Cincinnati. Über den Abschluss meiner Ausbildung habe ich in dem Moment noch gar nicht nachgedacht. Hauptsache: einfach mal weg! Und ich muss meinem Onkel recht geben: Auch in persönlicher Hinsicht war es eine wichtige Phase für mich: in einem anderen Land zu leben, mit einer anderen Sprache und überhaupt anderen Mechanismen.

Auch Dorothy DeLay, der 2002 verstorbenen Grand Dame der Violinpädagogik in den USA, haben Sie vorgespielt …

Ja, dank der Förderung durch eine amerikanische Stiftung kam Dorothy DeLay zweimal im Monat aus New York nach Cincinnati und hat dort unterrichtet. Ein paar Tage zuvor musste man unter Beweis stellen, dass man für die Teilnahme qualifiziert ist. Das habe ich regelmäßig probiert und auch meistens geschafft. Wenn sie dann da war, musste man stundelang warten, bis man drankam. Es ging dabei weniger um den musikalischen Input als vielmehr um die Stärkung des Selbstbewusstseins − das Gefühl, es geschafft zu haben!

Und bei wem haben Sie Ihre Kammermusikstudien verfolgt?

Das Tokyo String Quartet war in Cincinnati „Quartet in Residence“ und hat viele Konzerte gegeben. Wir Studenten haben in verschiedenen Formationen gespielt und wurden dann von ihm unterrichtet – oder auch vom LaSalle Quartet und vom Artis-Quartett aus Wien. In Aspen durfte man als Student ebenfalls alle Konzerte besuchen. Ensembles wie das Emerson String Quartet und überhaupt die größten Musiker der Welt haben sich da die Klinke in die Hand gegeben.

Wie hat sich das Studentenleben in München von dem in Cincinnati unterschieden?

In München hatte man jede Freiheit – Hauptsache, man hat die Prüfungen geschafft. In Cincinnati war es eher wie in der Schule – ständig Hausaufgaben und Tests, um den Notendurchschnitt zu halten, den man für das Stipendium brauchte. Aber das war in Ordnung, ich habe eben nachts geübt und tagsüber die Kurse in Musiktheorie und Musikgeschichte besucht.

Und die amerikanischen Spielweise?

Der Fokus liegt auf der technischen Perfektion, was mir guttat, weil das bei mir bis dahin eine untergeordnete Rolle gespielt hatte. Alles ist sehr geplant und systematisch, für jedes Problem gibt es verschiedene Lösungsmöglichkeiten. Aber in der Kammermusik war es oft schwierig, einen gemeinsamen Nenner zu finden. In Deutschland gab es damals eine Art Umbruch. Wie spielt man zum Beispiel Bach? Die Professoren hatten eine eher rückwärtsgewandte Vorstellung. Aber viele Studenten hörten sich Interpreten wie das Quatuor mosaïques, Nikolaus Harnoncourt oder Musica antiqua Köln an und versuchten ein eigenes Bild zu entwickeln. In den USA hingegen hatte ich oft das Gefühl, dass sich darüber niemand Gedanken machte.

Nach dem Studium waren Sie zunächst bei den Münchner Philharmonikern und am Staatstheater am Gärtnerplatz verpflichtet. Wie kamen Sie 2011 zum Münchner Rundfunkorchester?

Ich hatte hier oft als Aushilfe gespielt und kannte schon viele Kollegen. Als meine jetzige Stelle frei wurde, rief der Diensteinteiler der Zweiten Geigen bei uns an, doch ich war nicht zuhause. So hat quasi meine Frau die Teilnahme am Probespiel mit ihm vereinbart. Unser Sohn war gerade geboren, und ich hatte nicht viel Zeit zur Vorbereitung, aber ich bin sehr glücklich, dass ich es trotzdem gewagt habe. Da beim Rundfunkorchester alles aufgezeichnet wird, spielt es eine große Rolle, was jeder einzelne Musiker macht, und man ist immer bereit, das bestmögliche Ergebnis zu liefern. Toll ist auch, dass jede Woche etwas Neues kommt. Man wird immer wieder überrascht von Werken, die man sich noch nicht einmal vorher anhören kann, weil es noch keine Aufnahme gibt.

Seit diesem Sommer gehören Sie dem Orchestervorstand an. Welche Funktion hat dieses Gremium?

Es ist das Bindeglied zwischen Orchester und Orchestermanagement, vertritt die Belange der Kolleginnen und Kollegen, vermittelt seine Anliegen, Ideen und Wünsche, auch in künstlerischer Hinsicht. Gemeinsam mit dem Management wird dann diskutiert, was möglich ist. Darüber hinaus geht es ganz profan um den Orchesteralltag: Man bespricht sich zum Beispiel mit den Dirigenten bezüglich der Proben oder ist als schnelle Eingreiftruppe gefordert, etwa wenn an einem Gastspielort die Beleuchtung nicht passt. Der Vorstand ist also eine Art Klassensprecher, der die Sorgen und Nöte des Orchesters sofort weitergibt.

Sie sind bei Ihren weiteren musikalischen Aktivitäten den verschiedensten Genres und Formationen zugetan. Das reicht von der Bayerischen Kammerphilharmonie bis hin zur Bühnenmusik beim bayerischen Jedermann in Ihrem Heimatort Neubeuern. Wie groß ist Ihr musikalisches Herz?

Ich habe keine Berührungsängste und finde es wichtig, dass man sich jeder Aufgabe erst einmal stellt und auch mit Freude etwas ausprobiert, was man vielleicht noch nicht kennt. Dadurch lernt man am meisten. Beim bayerischen Jedermann hat übrigens zuletzt mein Bruder die Hauptrolle gespielt. Das Orchester hat zwar wenig zu spielen, ist aber an einigen entscheidenden Stellen gefordert.

Abschließend noch einmal zurück zum Münchner Rundfunkorchester: Im November haben einige Ihrer Kolleginnen und Kollegen beim PULS Festival, einem großen Event des BR für junge Leute, mitgewirkt. Sie selbst waren im Publikum: Wie hat diese Kombination von Pop-Avantgarde und klassischen Instrumenten funktioniert?

Der Auftritt des australischen Sängers RY X war atmosphärisch besonders gelungen; die Arrangements und die Rolle, die dem Orchester dabei zukam, fand ich sehr stimmig. Und das Publikum war fasziniert. Ich denke schon, dass man auf diese Weise auch junge Leute für klassische Klänge begeistern kann, und bin absolut offen für solche Projekte. Sie stärken die Wahrnehmung dafür, dass wir nicht nur das herkömmliche Repertoire bedienen. Es gibt noch viel mehr als das!

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