Mit neun Jahren haben Sie begonnen, Unterricht zu nehmen. Wie lief die Lernphase an?
Anfangs war es mühsam, einen Ton herauszubekommen, der schön klingt. Wie fast jeder Neunjährige war ich recht übefaul, aber mit der Zeit hat sich das gegeben: spätestens als klar war – ich dürfte ungefähr 15 oder 16 Jahre alt gewesen sein –, dass ich Berufstrompeter werden wollte.
Ab diesem Zeitpunkt kam der Antrieb von Ihnen selbst und nicht mehr von außen?
Ja, ich denke, das hat damit zu tun, dass ich damals begonnen habe, viel in Jugendorchestern zu spielen. Ich komme aus Hamburg, dort war ich Mitglied im Albert-Schweitzer-Jugendorchester. Außerdem hatte ich ein Blechbläserquintett. Das Ensemblespiel war ein großer Ansporn für mich. Weil ich dieses gemeinschaftliche Musizieren so sehr mochte, habe ich dann auch eher freiwillig geübt. Ensembles wie German Brass oder Canadian Brass habe ich mir oft angehört − es war ein Traum von mir, so etwas auch zu spielen. Und ich wirke immer wieder gerne in Blechbläserensembles mit.
Wer waren Ihre Vorbilder?
Vor allem mein Lehrer Matthias Höfs, Professor an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg. Er ist für mich das größte Vorbild. Und ich höre auch sehr gerne Jazz. In der Jazzwelt finden sich viele Trompeter, die mich begeistern: Till Brönner, der kubanische Trompeter Arturo Sandoval oder auch der australische Multiinstrumentalist James Morrison.
Sie haben schon erwähnt, dass es, wenn man Trompete lernt, anfangs schwierig ist, einen vernünftigen Ton herauszubringen. Muss man als Bläser auch „Trockenübungen“ machen?
Ja, bestimmte Bewegungsabläufe können wir trocken üben. Da steht man beispielsweise vor dem Spiegel und macht Mimik-Übungen, um die sogenannte Binnenspannung aufzubauen. Dafür benötigen wir den Ringmuskel, die Lippen. Ziel ist, dass wir die Muskeln der Ringmuskulatur getrennt voneinander anspannen können, sodass man jeden Muskel, den man zum Spielen braucht, einzeln ansteuern kann. Pfeifen ist zum Beispiel auch hilfreich.
Gibt es eine typische Trompeter-Schwäche, die eintritt, wenn man es mit dem Üben übertreibt − vergleichbar der Sehnenscheidenentzündung bei Pianisten?
Ja, die Lippen schwellen irgendwann an. Dann entsteht ein seltsames Gefühl auf der Lippe. Das ist auch der Grund, weshalb ich nach einer halben Stunde eine kurze Pause einlege, damit die Lippe wieder gut durchblutet werden kann. Sehr anstrengend ist es auch, wenn man lange sehr laut und vor allem hohe Stellen übt. Wenn man es hiermit übertreibt, kann man danach auch mal zwei oder drei Tage indisponiert sein. Wir Trompeter sagen dazu: „Dann ist man platt auf der Lippe.“
Sie haben bereits Ihren Lehrer Matthias Höfs erwähnt. Was war die wichtigste Lektion auf Ihrem Weg zum Profitrompeter?
Zu lernen, wie man richtig übt. Wie du dich einspielst, wie du deine Übungen machst, wie du deinen Tag gestaltest, damit die Trompete im Vordergrund steht, was du tust, um körperlich fit zu bleiben. Die Hauptfrage war: Wie muss ich üben, damit ich ein bestimmtes Resultat erziele? Auch war wichtig, zu erkennen, was passiert, wenn ich falsch übe, ein Gespür dafür zu entwickeln, wann ich produktiv und wann ich unproduktiv bin.
Sie haben eine Weile beim Heeresmusikkorps in Münster (Westfalen) verbracht. Wie lief das ab?
Man absolviert eine ganz normale Grundausbildung mit allen Soldaten. Weil Musiker im Ernstfall als Sanitäter eingesetzt werden, habe ich darüber hinaus einen Sanitätslehrgang absolviert. Danach habe ich im Musikkorps gespielt − ein reines Blasorchester mit täglich drei bis vier Stunden Proben. Das war eine tolle Zeit. Ich hatte bis dahin keinerlei Berührung mit Blasmusik. Ich habe nie im Posaunenchor, einem Musikverein oder einer Blaskapelle gespielt. Deswegen war mir auch das gesamte Repertoire für Blasmusik unbekannt. Das habe ich dann alles beim Heeresmusikkorps kennengelernt.
Anschließend waren Sie Praktikant im SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg, also in jenem Orchester, das regelmäßig bei den Donaueschinger Tagen für Neue Musik auftrat. Waren Sie bei diesem Festival mal dabei?
Ja, da haben wir ganz wilde Sachen gespielt, zum Beispiel ein Stück von Hans Zender, das er selbst dirigiert hat. Da ging es wirklich drunter und drüber. In dieser Zeit habe ich die moderne Musik kennen und durchaus auch lieben gelernt. In der Neuen Musik geht es oft um ganz andere Sachen als beim „normalen“ Trompetenspiel. Allein die Spieltechniken: Vierteltöne, Flatterzunge, Multiphonics und so weiter.
Später waren Sie Solotrompeter im Sinfonieorchester Aachen, und seit 2009 sind Sie Stellvertretender Solotrompeter beim Münchner Rundfunkorchester. Was lieben Sie an Ihrem Beruf?
Am Schönsten finde ich, dass ich aus meinem Hobby meinen Beruf machen konnte. Als junger Mensch habe ich sehr gerne im Jugendorchester musiziert. Das hat mir viel Freude bereitet, gerade auch das Unterwegs-Sein auf Tournee (das sehe ich heute etwas anders, ich bin auch sehr gerne daheim bei meiner kleinen Familie). Auch die großen und berühmten Konzertsäle kennenzulernen, war eine tolle Erfahrung. Das war damals ein großer Anreiz für mich, und ich bin glücklich, dass ich das heute beruflich tun darf.
Erinnern Sie sich an Konzerte, die Sie besonders bewegt haben?
Ja, da fällt mir unser Gastspiel in Zagreb mit dem BR-Chor und unserem neuen Chefdirigenten Ivan Repušić ein. Das fand ich einfach beeindruckend: eines der tollsten Konzerte, die ich je gespielt habe. Ivan Repušić schätze ich sehr, nicht nur, weil er hervorragend dirigiert, sondern auch, weil er ein sehr netter Mensch ist.
Das Münchner Rundfunkorchester ist sehr breit aufgestellt mit geistlicher Musik, konzertanten Opern, Kinder- und Jugendkonzerten sowie Crossover-Projekten. Was liegt Ihnen besonders?
Mir hat „Sounds of Cinema“ im Circus-Krone-Bau großen Spaß gemacht. Das war immer das Highlight der Saison, auf das ich hingefiebert habe. Leider gibt es diese Konzerte nicht mehr. Aber ich hoffe, dass wir wieder mehr Filmmusik spielen. Filmmusik und Crossover-Projekte bereiten mir eigentlich am meisten Freude.
Gelegentlich sind Sie auch im Rahmen der Education-Projekte des Münchner Rundfunkorchesters in Schulen unterwegs. Bei einem solchen Schulbesuch haben Sie sogar mal ein Didgeridoo [typisches Blasinstrument aus Australien] ausgepackt …
Didgeridoo zu spielen ist für uns Trompeter sehr entspannend, denn mit seinen tiefen Tönen werden die Lippen wieder gut durchblutet. In der Schule damals wollte ich zeigen, dass man als Trompeter nicht nur dieses eine Instrument spielt, sondern sich auch noch mit Anderem beschäftigt. Als ich das erste Mal bei einem Schulbesuch dabei war, hatte ich schon ein bisschen Bammel: Ich bin ja nicht pädagogisch ausgebildet – also nicht speziell geschult dafür, vor einer Klasse mit zwanzig oder dreißig Kindern zu stehen. Aber es war gar nicht so heikel, wie ich befürchtet hatte. Ganz im Gegenteil: Es war sehr schön, denn die Kinder waren alle begeistert, haben sehr gut zugehört und lustige Sachen gefragt.
Kommen wir zu einem wichtigen Aspekt des Trompetenspiels, dem Mundstück. Worauf muss man dabei achten?
Man muss da viel ausprobieren. Es existiert kein Mundstück, das pauschal für alle Spieler gut ist. Und es gibt sehr viele verschiedene Mundstücke: unterschiedliche Größen, Randformen, Kesseldurchmesser und -tiefen, verschiedene Bohrungen und so weiter. Das ist eine Wissenschaft für sich. Ich bin keiner, der täglich an seinem Mundstück tüftelt, aber generell ist das für Trompeter immer ein Gesprächsthema: Was spielst du für ein Mundstück? Und wenn man selbst gerade auf der Suche ist, kann man einfach fragen: „Darf ich mal dein Mundstück ausprobieren?“ Natürlich wäscht man es hinterher wieder ab. Selbst wenn man Mundstücke im Internet bestellt, darf man sie ausprobieren und zurücksenden, falls sie nicht passen. Man muss nur aufpassen, dass sie nicht zerkratzen.
Neben dem Rundfunkorchester spielen Sie auch in kleineren Besetzungen und machen Kammermusik …
Ja, das ist ein ganz anderer Aufgabenbereich. Da hat man zum Beispiel viel mehr zu spielen als im Orchester, wo man als Trompeter − wenn es sehr schlecht läuft − manchmal nur vierzig oder fünfzig Töne in einer ganzen Symphonie zu spielen hat. In der Kammermusik ist man mehr gefordert, denn dort hat jedes Instrument eine tragende Rolle. Dadurch benötigt man mehr Konzentration und Präsenz.
Was machen Sie, wenn Sie nur wenige Töne in einer Symphonie zu spielen haben?
Man zählt die vielen Pausentakte, damit man die wenigen Töne zur richtigen Zeit spielt und seinen Einsatz nicht verpasst. Manchmal liest man aber auch ein Buch oder hört zu, wenn man die Musik gerade gerne mag.
Aus dem Programmheft zum 3. Konzert Mittwochs um halb acht 2018/2019 am 10. April 2019