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Interview mit dem Solocellisten Uladzimir Sinkevich

Aus dem Programmheft zum 4. Konzert Mittwochs um halb acht 2016/2017 am 24. Mai 2017

Manon Lescaut bei den Salzburger Festspielen 2016 (c) SF/Marco Borrelli
Ein besonderes Erlebnis: Massenets „Manon Lescaut“ bei den Salzburger Festspielen 2016. Uladzimir Sinkevich führt die Cellogruppe des Münchner Rundfunkorchesters an.

Uladzimir Sinkevich, Sie stammen aus Minsk und wurden ab dem Alter von sechs Jahren von dem renommierten Cellisten Vladimir Perlin unterrichtet. In welchem Rahmen war das?

Das war an der Spezialschule für Musik, einem großen Bildungskomplex mit Gymnasium bzw. College, wo die allgemeinbildenden Fächer zusammen mit den Musikfächern unterrichtet werden: einer ganz besonderen Lehranstalt, die der Staatlichen Musikakademie von Belarus angegliedert ist.

Als Jugendlicher studierten Sie dann parallel dazu bei Tilmann Wick in Hannover. Wie funktionierte das?

Die Musikhochschule in Hannover hatte dafür eine Sonderregelung eingerichtet. Ich und ein einige weitere Schüler kamen mehrmals pro Jahr für drei bis vier Wochen nach Hannover. In Minsk waren wir für diese Zeit vom Unterricht befreit. Wir fuhren also jeweils mit dem Bus – circa zwanzig Stunden. Es war interessant für mich, verschiedene Arten des Unterrichtens zu erleben. Bei meinem Lehrer in Minsk ging es eher um die musikalische Entwicklung und das musikalische Empfinden. In Hannover haben wir u.a. sehr viel Technik gemacht. Aber natürlich kann man das eine nicht vom anderen trennen. Mir war es auch wichtig, zu erfahren, wie die deutsche Musik in Deutschland unterrichtet wird.

Ihr weiteres Studium absolvierten Sie bei Martin Löhr (Solocellist der Berliner Philharmoniker) und Wolfgang Boettcher (ehemals Solocellist ebendort) an der Universität der Künste in Berlin. Außerdem besuchten sie Meisterkurse bei renommierten Künstlern wie Yo-Yo Ma oder Natalia Gutman. Wer hat Sie am meisten beeindruckt?

Jeder hat seine eigene Art der Vermittlung und setzt andere Akzente. Martin Löhr und Wolfgang Boettcher haben meinen musikalischen Geschmack und mein Stilempfinden am meisten geprägt. Und als Achtzehnjähriger war ich natürlich sehr von einem Meisterkurs mit Bernard Greenhouse beeindruckt – und davon, wie er sich für die Musik aufopferte. Er war zu diesem Zeitpunkt schon Ende achtzig und hat trotzdem noch Kurse gegeben. Ich erinnere mich sehr gut daran, wie engagiert er den Unterricht gestaltete und wie liebevoll er mit der Musik umging.

Sie waren Mitglied in der Akademie des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin und in der Akademie der Berliner Philharmoniker. Was ist der Sinn solcher Einrichtungen?

Zukünftige Orchestermusiker werden dort auf das Berufsleben vorbereitet. Ich finde dieses Modell genial! Die jungen Leute sind sofort mittendrin im Orchester und lernen von den Kollegen – ohne große Worte. Denn die Feinheiten des Orchesterspiels kann man gar nicht erklären. Vieles lernt man dadurch, dass man sich im gemeinsamen Fluss mitbewegt und mitspielt. So bekommt man zum Beispiel ein Gefühl für die Phrasierungen in der Musik unterschiedlicher Epochen. Dazu kommen das emotionale Empfinden und das persönliche Engagement, das man ins Orchesterspiel einbringen sollte.

Sie haben diverse Auszeichnungen bei internationalen Wettbewerben gewonnen, darunter der 1. Preis bei der Isang Yun Competition in Südkorea. Welche Erinnerung haben Sie daran?

Wie bei jedem Wettbewerb war es recht stressig, weil man in einem kurzen Zeitraum viele unterschiedliche Werke darbieten muss. Die Ausscheidungsrunden waren öffentlich, so wie es jetzt vielfach üblich ist. Und wenn man nicht nur für die Jury, sondern auch für das Publikum spielt, fühlt es sich zumindest ein bisschen wie ein Konzert an. Vor allem die Pflichtstücke von Isang Yun, die man in der ersten und zweiten Runde vortragen musste, waren für mich ziemlich neu. Im Finale habe ich dann das Cellokonzert von Robert Schumann mit Orchester gespielt – eine großartige Erfahrung, denn es ist eines meiner Lieblingswerke: Diese Kombination von Intimität und Leidenschaft erfordert viele verschiedene Klangfarben.

Sie waren Stipendiat von Yehudi Menuhins Organisation Live Music Now. Was hat es damit auf sich?

Das ist eine wunderbare Aktion im Bereich der Musikvermittlung. Die Stipendiaten spielen solistisch oder als Ensemble in den verschiedensten Einrichtungen wie Schulen, Altersheimen, Krankenhäusern oder sogar Gefängnissen. Es ist sehr beeindruckend zu sehen, wie stark die Musik auf Menschen wirkt − auch auf diejenigen, die vorher nicht so viel damit zu tun hatten. Oder zu sehen, wie sich bei älteren Patienten, die nicht mehr viel Hoffnung haben, plötzlich die Gesichter verändern.

Als Preisträger der Deutschen Stiftung Musikleben haben Sie ein Violoncello von Giovanni Battista Grancino aus der Zeit um 1700 gespielt.

Ja, schweren Herzens musste ich diese Leihgabe im Februar wieder zurückgeben. Aber es ist natürlich richtig, dass die Stiftung junge Musiker unterstützt und man das Instrument nur bis zum Alter von dreißig Jahren behalten darf. Ich hatte das Glück, das Violoncello von Grancino seit 2009 spielen zu dürfen, und damit verbinden sich die wichtigsten Stationen meiner bisherigen Laufbahn: das Studium in Berlin, der Erste Preis beim Isang-Yun-Wettbewerb und das gewonnene Probespiel beim Münchner Rundfunkorchester. Inzwischen habe ich ein Cello von Ersen Aycan aus Freiburg, das er eigens für mich gebaut hat und das sich bereits wunderbar entwickelt hat.

Spielen Sie gerne Kammermusik?

Ja, das ist eine meiner Leidenschaften. Momentan bereiten wir das nächste Kammerkonzert des Freundeskreises des Münchner Rundfunkorchesters vor, das am 20. Juni [2017] stattfindet. Mein Kollege Alexandre Vay (stellvertretender Solocellist), Gerhard Zank aus dem Bayerischen Staatsorchester und ich spielen unter dem Motto „Cellissimo“ Duos und Trios von Anton Reicha, Jacques Offenbach und Fernand de La Tombelle. Das Programm wurde gemeinsam mit der Stiftung Palazzetto Bru Zane zusammengestellt, die sich der französischen Musik der Romantik widmet und mit der das Münchner Rundfunkorchester kooperiert.

Sie wurden im Alter von nur 24 Jahren Solocellist des Münchner Rundfunkorchesters. Warum haben Sie sich für diese Stelle entschieden?

Mich hat die Arbeit speziell eines Rundfunkorchesters sehr interessiert. In unserem Orchester mag ich besonders die Konzertreihe Paradisi gloria mit geistlicher Musik des 20. und 21. Jahrhunderts. Ich erinnere mich zum Beispiel an die Kantate Der weise Mann von Isang Yun, die vor ein paar Jahren auf dem Programm stand. Sie besitzt eine ganz andere Atmosphäre als moderne europäische Musik. Spannend ist auch, wie da mit dem Text des Predigers Salomon und den Wortsilben gespielt wird.

Sie wurden schon mehrfach als Solist vom Münchner Rundfunkorchester begleitet; so haben Sie unter der Leitung von Ulf Schirmer das Cellokonzert von Paul Graener auf CD eingespielt …

Dieses Werk ist eine Symbiose von verschiedenen Stilrichtungen und Elementen der Musik der 1920er und 1930er Jahre. Es gab noch keine Aufnahme davon, und ich fand es interessant, sich mit etwas zu beschäftigen, was man noch nicht im Ohr hat. Das ist ja das Besondere an der Arbeit unseres Orchesters, dass man oft mit solchen Stücken zu tun hat. Allerdings versuche ich auch bei bekannten Kompositionen immer, mir eine eigene Vorstellung davon zu machen und mich nicht zu sehr von der Interpretation anderer beeinflussen zu lassen.

Welche Live-Auftritte haben Ihnen besondere Freude gemacht?

Die konzertanten Aufführungen von Puccinis Manon Lescaut bei den Salzburger Festspielen 2016 mit Anna Netrebko und unter der Leitung von Marco Armiliato: ein toller Dirigent und eine tolle Musik, bei der das Orchester gut zur Geltung kommt und nicht nur zu begleiten hat. Natürlich freue ich mich auch auf unseren neuen Chefdirigenten Ivan Repušić und konzertante Opern wie Verdis Luisa Miller in hervorragenden Sängerbesetzungen. Es ist sehr wichtig für die Entwicklung des Orchesters, dass es gefordert wird, nicht nur auf dem Gebiet der Oper, sondern auch im instrumentalen Bereich. Da gibt es viel Repertoire, das gut zu unserem Profil passt.

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